Was bedeutet "Familienstellen" nach B. Hellinger?

Was bedeutet "Familienstellen" nach B. Hellinger, wie geht es vor sich, was ist der Sinn dieser Vorgangsweise, wie und wem kann eine Aufstellung seiner/ihrer Familie helfen?

Wir arbeiten beim Familienstellen mit dem Energiefeld, das entsteht, wenn in einer Gruppe ein Teilnehmer/eine Teilnehmerin ruhig und innerlich gesammelt andere Gruppenmitglieder in Beziehung zueinander im Raum aufstellt - und zwar als StellvertreterInnen von Mitgliedern der eigenen Familie.
Diese StellvertreterInnen fühlen sich spontan in die von ihnen dargestellten Personen ein und können zuverlässig Auskunft geben über deren Befinden und Gefühle - ein erstaunliches Phänomen, in jahrzehntelanger Erfahrung Hellingers und vieler AufstellerInnen immer wieder bestätigt.

Sinn dieser Aufstellungsarbeit, wenn sie sich auf die Herkunftsfamilie bezieht, ist es vor allem, die aufstellende Person von Verstrickungen zu befreien - Verstrickungen in schwere Schicksale, Schuld und ungelöste Probleme von früheren Familienmitgliedern bis hin zu den Großeltern, manchmal noch weiter zurück.
Solche Verstrickungen können die Ursache vieler seelischer Nöte und körperlicher Leiden sein. Depressionen bis hin zu Suizidversuchen, chronische Krankheiten, Sucht und andere selbstschädigende Verhaltensweisen - vieles, worfür keine bisher schon versuchte Therapie Hilfe bieten konnte, da es nicht in der eigenen Lebensgeschichte begründet ist, kann hier aufgedeckt und aufgelöst werden.
Dabei geht dem Lösen und Befreien eine Hinwendung zu der betreffenden Person aus der Familie voraus (konkret zu deren StellvertreterIn) - eine Hinwendung in Achtung und, wo das stimmt, in Liebe, die sich oft jetzt erst zeigt.

Diese Aufstellung der HERKUNFTSFAMILIE mit dem Aufdecken oft  völlig unbekannter oder bisher nicht beachteter Zusammenhänge kann als das Herzstück des Familienstellens angesehen werden, als das, was dem Verfahren seine so außergewöhnliche Wirkung gibt. Die Aufstellungsmethode lässt sich aber auch auf die GEGENWARTSFAMILIE anwenden. Hier ist - gerade in einer Zeit von Partnerwechsel und Patchworkfamilie - das Herstellen einer von allen als gut empfundenen Ordnung wichtig, ebenso wie das Klären von Zugehörigkeiten.

Es liegt nahe, die Methode des Aufstellens auch auf andere Bereiche anzuwenden; vor allem im beruflichen Feld geschieht dies mit sehr guten Ergebnissen (Organisationsaufstellungen).

Wie nun im Einzelnen mit Hilfe der StellvertreterInnen gearbeitet wird, hat sich im Laufe der letzten Jahre bei den verschiedenen TherapeutInnen (und bei Bert Hellinger selber) unterschiedlich entwickelt.
Grundlage bleibt - für mich - das heute als "klassisch" bezeichnete Vorgehen, bei dem die StellvertreterInnen Auskunft über ihr Befinden geben, daraufhin Plätze verändert und dann  bestimmte Kontakte hergestellt werden. Schließlich werden bestimmte prägnante, oft überraschende Sätze dem Klienten/der Klientin vorgegeben, die nachzusprechen manchmal Überwindung kostet - und die gerade dann eine starke lösende, wohltuende Wirkung entfalten.Auch ein Verneigen ist manchmal angebracht und kann helfen, Achtung und Liebe körperlich zu empfinden.

Bei der Arbeit im EINZELSETTING benützt man sogenannte Bodenanker (z.B. Papierblätter) zum Markieren der Plätze der Familienmitglieder; Therapeut oder Therapeutin nimmt dann die Stellvertretung in jeder der Rollen wahr, stellt sich also nacheinander an jeden der markierten Plätze. Für die Gegenüberstellungen gibt es verschiedene Techniken; die lösenden Sätze werden auch hier gesprochen.- Dies ist ein flexibleres und gleichzeitig ruhigeres Arbeiten, bei dem auch eingeschobene Gesprächsphasen möglich sind; es wird von manchen KlientInnen bevorzugt und führt ebenfalls zu guten Ergebnissen.
Dazu, ob im bestimmten Fall eher zur Gruppe oder zur Einzelarbeit zu raten ist, hat die Therapeutin meistens eine Meinung und teilt sie dem Klienten/der Klienten mit; entscheiden tut letztlich dieser/diese selbst.